Gunter Czisch - Ulm für die nächsten 30 Jahre fit machen
Das Amt des Oberbürgermeisters habe er nicht als ein Karriereziel angesehen, auf das er jahrelang hingearbeitet hat. Aber da er sich in Ulm fest verwurzelt fühlt, war ihm klar, „entweder hier oder nirgends“.
„Wirklich OB bin ich seit meiner ersten Schwörrede.“ Da dieser markante Termin ein wichtiges Ereignis für die Ulmer Bürgerschaft ist, habe er entsprechend viel Energie zur Vorbereitung seiner Rede verwendet. Ein Aufwand, der sich gelohnt hat, wie die überaus positiven Reaktionen der Ulmer nach der Rede gezeigt haben. „Seit diesem Tag bin ich als OB in der Bevölkerung angekommen,“ so Czisch.
Die ersten sechs Monate seiner Amtszeit waren geprägt von einer intensiven Sitzungsperiode wegen der aktuellen Groß- projekte. Die Sedelhöfe und die Straßenbahnlinie 2 konnten gut auf den Weg gebracht werden. Hilfreich war für Gunter Czisch, dass er das operative Geschäft im Rathaus aufgrund seiner langjährigen Tätigkeit als Erster Bürgermeister sehr gut kennt. „Es erleichtert die Arbeit als neuer Oberbürgermeister erheblich, wenn man die anstehenden Projekte bereits bei Amtsantritt im Detail kennt.“ Außerdem werde er durch kompetente und engagierte Mitarbeiter in der Stadtverwaltung unterstützt, die ihm den Start in seiner neuen Funktion erleichtert haben.
Seit Martin Bendel als neuer Erster Bürgermeister da ist, ist das Team wieder komplett und die vorübergehende Doppelbelastung als OB und Erster Bürgermeister ist für Gunter Czisch beendet.
Als er das Amt als Oberbürgermeister antrat, veränderte sich auch der gewohnte Tagesablauf. Bei bis zu 50% seiner gesamten Tätigkeit stehe er nun in der Öffentlichkeit und vertrete die Stadt in Gremien und bei Veranstaltungen, wohingegen seine vorherige Tätigkeit eher nach innen gerichtet war. „Es gibt Tage, da müssen bis zu drei Grußworte gehalten werden.“ Diese Rolle war für Gunter Czisch anfangs ungewohnt, aber mittlerweile habe er sich daran gewöhnt und fühle sich sehr wohl dabei. Er sei bestrebt, möglichst viele Termine, zu denen er eingeladen wird, wahrzunehmen und als „der Neue“ in der Öffentlichkeit Präsenz zu zeigen. Auch wenn das natürlich zulasten der Freizeit geht.
Eines der größten und auch komplexesten Zukunftsthemen ist für Gunter Czisch die Mobilität. „Die nächsten fünf Jahre werden entscheidend geprägt von der Fortentwicklung der Mobilität. Dazu gehören der neue Citybahnhof, die Straßenbahnlinie 2, die Regio S-Bahn, die Mobilität in der Innenstadt und auch das autonome Fahren.“
Hierbei gehe es auch um die Verknüpfung der verschiedenen Mobilitätsträger Bahn, Straßenbahn, Bus, Auto und Fahrrad. Derzeit denken die Menschen in einzelnen Kategorien, also Auto oder Fahrrad oder Bus. Das „oder“ müsse weg in den Denkprozessen, damit alle Mobilitätsträger intelligent miteinander verknüpft werden können. Dann stelle sich auch nicht mehr die Frage: Parkhaus oder Nahverkehr? Sondern es werde klar, dass man beides braucht. Und es sei außerdem klar, dass die Bedürfnisse der Innenstadtbewohner andere sind als die der Einwohner in den entfernter liegenden Ortsteilen wie Gögglingen und Donau- stetten. Auch das erfordere die intelligente Verknüpfung der Mobilitätsträger. Dabei ist es aber wichtig, nicht Einzelinteressen in den Vordergrund zu stellen, sondern herauszufinden, was für die Stadt insgesamt und für die Vielfalt in der Stadt am besten ist.
„Wenn man außerdem bedenkt, dass Mobilität auch eng verbunden ist mit Klimaschutz und Lärmschutz, wird deutlich, wie komplex das Thema ist“, so OB Czisch.
Weitere große Themen in Ulm seien die Digitalisierung und moderne Kommunikationsformen. Hier biete der neue Science Park III ganz viel Potenzial, und auch die Universität, die 2017 ihr 50-jähriges Bestehen feiert, spiele eine bedeutende Rolle.
Angesprochen auf die Flüchtlingskrise, betont Czisch, dass Ulm seine Aufgaben sehr gut gemeistert habe. Die Abläufe in Ulm seien stabil und geordnet. „Ulm hat sich frühzeitig auf die Situation eingestellt und rechtzeitig Kapazitäten für Unterkünfte gesucht. In der Stadtverwaltung wurden zusätzliche Mitarbeiter eingestellt zur Bewältigung der administrativen Aufgaben. Und auch die vielen ehrenamtlichen Hilfsorganisationen sowie das Engagement der Bürgerschaft, z.B. des Söflinger Vorstadtvereins bei der Unterbringung von Flüchtlingen in der Meinlohhalle, haben erheblich dazu beigetragen, dass die Aufgaben ohne größere Probleme bewältigt werden konnten. Hierfür spricht Czisch allen Beteiligten ein großes Kompliment aus.
Seit vielen Jahren erlebt Ulm einen Bevölkerungszuwachs. „Ulm ist eine gesunde, wachsende Stadt. Wer nach Ulm kommt, bleibt gerne“, freut sich der OB. Gründe seien die überschaubare Größe und die überaus lebendige Stadtentwicklung. Dass das auch in 30 Jahren noch so ist, dafür möchte er seine ganze Energie verwenden und durch eine kluge Stadtentwicklung rechtzeitig die Weichen stellen. Denn durch den gesellschaftlichen Wandel, den medizinischen Fortschritt, höhere Lebenserwartungen, und den Willen zum selbstbestimmten Leben im Alter müsse die Infrastruktur der Stadt flexibler und dezentraler werden. Und hierfür müssen rechtzeitig die Voraussetzungen geschaffen werden.
Und seine persönliche Seite? Zum Schlagzeugspielen, seiner großen Leidenschaft, kommt er aufgrund der wenigen Freizeit nur noch selten. „Aber ich lasse es mir nicht nehmen, zwei – drei Mal im Jahr mit einer Band auf der Bühne zu stehen, wenn die Gesamtumstände passen.“ Und im Winter geht er gerne zum Skifahren. ge
Fotos: Stadt Ulm (2)