Auszeichnung für Biosphärengebiet Schwäbische Alb
Seit jeher verstand es die Schwäbische Alb, sich mit Superlativen zu schmücken. Die ältesten plastischen Figuren der Menschheit stammen aus der Gegend. Bei Hayingen findet sich die einzige per Boot befahrbare Höhle Deutschlands, der Wasserfallsteig bei Bad Urach wurde zum schönsten Wanderweg 2016 gewählt. Und der Heidengraben gilt sogar als größte keltische Stadt Europas. Doch ist es vor allem die abwechslungsreiche Kulturlandschaft mit ihrer Biodiversität, welche die Gegend so einzigartig macht.
Erhabene Aussichtspunkte
Auf 85.000 ha erstreckt sich das Biosphärenreservat zwischen Donau und Albtrauf. Jener 400 Meter hohe Anstieg, der sich auf der Nordseite gen Himmel erhebt, wurde von dem Dichter Eduard Mörike einst lyrisch als „blaue Wand“ tituliert. Atemberaubende Aussichtspunkte und Burg(ruin)en säumen seine Kante. Zu den Highlights der Region zählen Wanderungen zur Burgruine Hohenurach, der Burg Teck und dem Hohen Neuffen.
Das Hauptinformationszentrum zum Biosphärengebiet befindet sich in Münsingen, daneben gibt es 17 weitere Erlebniszentren wie ein Obst- und Weinbaumuseum, das Freilichtmuseum Beuren und das Landgestüt Marbach.
Im Biosphärengebiet findet jeder seinen Weg. Sportlich Aktive nutzen die Wanderrouten entlang des Albtraufs, die eine gewisse Kondition und Trittsicherheit verlangen. Auf der Albhochfläche geht es wiederum eben zu – ideal für Kinderwagen und zumeist barrierefrei. Malerische Städte wie Bad Urach mit seinem Schloss und seinem Wasserfall oder Städte wie Reutlingen lohnen für einen Abstecher. Auch Biker und Reiter können im Biosphärengebiet bestens auf Tour gehen. Entlang der Routen finden sich Biosphärengastgeber, die mit regionalen Spezialitäten den Gaumen verwöhnen.
Durch nachhaltiges Wirtschaften, verbunden mit sanftem Tourismus, versteht es die Region, sich zukunftsfähig zu positionieren. Dafür gab es zwei Auszeichnungen der besonderen Art.
Nachhaltigste Tourismus-destination Deutschlands
Im Juni wurde das Biosphärengebiet Schwäbische Alb beim Bundeswettbewerb „Nachhaltige Tourismusdestinationen in Deutschland“ ausgezeichnet. Es setzte sich gegen 27 andere Destinationen durch. Ausgelobt wurde der Bundeswettbewerb vom Deutschen Tourismusverband mit Unterstützung durch das Bundesamt für Naturschutz. Vertreter von WWF Deutschland und diversen Reiseveranstaltern waren in der Jury vertreten. Beim Besuch der Jury wurden den Mitgliedern die positive Wertschöpfungskette der Region anhand von Biosphärenprodukten wie Albzarella, Alblinsen, Metzinger Weinen und Albmerino-Kleidung aufgezeigt. Daneben schaffen zahlreiche Projekte wie Nisthilfenlehrpfade, das Aussähen von Wildblumenwiesen oder der virtuell begleitende Kelten-Erlebnisweg ein Bewusstsein für die Besonderheiten der Region.
Steinzeitwandern via Smartphone
Nicht mehr im Biosphärengebiet, aber noch am Rande der Schwäbischen Alb gelegen, sind die sechs Albhöhlen, die im Juli die Auszeichnung zum UNESCO Weltkulturerbe erhielten. Hier haben Archäologen die ältesten plastischen Figuren der Menschheit gefunden wie die 40.000 Jahre alte Venus vom Hohle Fels und den Löwenmenschen.
Von Natur- und Kulturschätzen reich beschenkt, gehen viele Arbeitskreise daran, diese in ökonomisch-ökologischem Gleichgewicht zu bewahren. Einer, der ganz vorne mitmischt, ist Alfons Köhler von Köhlers Krone in Ehingen-Dächingen. Er ist Mitglied in der Lokalen Agenda Ehingen. Im Interview mit dem TOP Magazin verrät er ein Projekt, das beide Bereiche – Nachhaltigkeit und Eiszeitkunst – vereint und auf der CMT-Urlaubsmesse in Stuttgart vorgestellt werden soll: die „Herzschlagroute“. Intention: „In hektischen Zeiten wieder den Herzschlag der Natur spüren.“ Die Mehrtagesroute wird erzählerisch durch die berühmte Romanfigur des „Rulaman“ begleitet, ein Steinzeitjunge aus dem 1878 erschienenen Jugendbuch des Bad Uracher Zoologen und Schriftstellers David Friedrich Weinland. Rulaman erscheint via App auf dem Smartphone, vor allem junge Familien und Jugendliche finden so interaktiv einen Zugang zur Materie.
Wege mit Mehrwert
Wandern ist heute mehr als eine Fortbewegung von A nach B. Im Trend liegen Wanderrouten mit Mehrwert. Ein Paradebeispiel sind die „Wege der Besinnung und Einkehr“. Der mit dem Prädikat „Wanderbares Deutschland“ ausgezeichnete, 50 km lange Rundweg umfasst sechs Ortschaften auf der Ehinger Alb und ist mit informativ-philosophischen Schildern bestückt. Er will dazu einladen, den Alltag Schritt für Schritt hinter sich zu lassen, neue Wege einzuschlagen, den Horizont zu erweitern.
Meditieren, informieren, staunen
Flankierend dazu gibt es kürzere Themenwege. Auf dem Lebens-Horizonte-Weg in Mundingen erhebt sich majestätisch ein begehbares, futuristisches Kunstwerk, das mit verengten und erweiterten Blickwinkeln spielt. Beim Vogellehrpfad in Granheim ertönen auf Knopfdruck heimische Vogelstimmen. Auf dem „Unser täglich Brot“-Weg in Erbstetten gibt es Pflanzen wie Einkorn, Amaranth und Luzerne zu entdecken. In Dächingen steht ein modernes Informationszentrum mit Meditationsraum.
„Unsere Angebote richten sich nicht nur an Gäste von außerhalb, sondern vor allem an die hier lebenden Menschen“, betont Alfons Köhler. So sollen die Projekte dazu dienen, eine Identifikation mit der eigenen Region herzustellen. Naherholung de luxe vor der eigenen Haustür!
Genuss erhält Kulturlandschaft
Die Biosphärengastgeber laden ein, in ihren Häusern regionale Spezialitäten zu verköstigen. Sie erfüllen, neben dem Genuss, eine wichtige Aufgabe: Sie schaffen Nachfrage für Produkte, die unsere Kulturlandschaft über Jahrhunderte maßgeblich geprägt haben. Dank mutiger Pionierarbeit finden sich heute sowohl die Alblinsen, als auch die Albbüffel auf heimischen Feldern wieder. Wichtig zum Erhalt der Streuobstwiesen und Wacholderheiden ist die Landschaftspflege. Brände, Liköre und Säfte, aus ursprünglichen Obstsorten und Wildkräutern hergestellt, bieten ein wunderbares Geschmackserlebnis und schaffen Lebensräume, die zur Artenvielfalt beitragen.
Bei Köhlers Krone stehen Spezialitäten wie das Alblinsenschwein auf der Karte. Es wird mit dem Bruch der Alblinsen gefüttert, einer hochwertigen Eiweißquelle. „Wir wollen die regionale Entwicklung durch regionale Produkte stärken“, so Köhler, der auch dem Arbeitskreis der Biosphärengastwirte angehört.
Jörg Gekeler vom Hotel Post in Feldstetten und langjähriger Geschäftsführer der Vereinigung der Biosphärengastgeber, betont: „Die Verwendung biologischer Produkte und der schonende Umgang mit den Ressourcen der Natur ist der Leitgedanke in den Hotels und Gasthäusern der Biosphärengastgeber. Das schmeckt man.“
Ob kulinarisch, spirituell, wirtschaftlich, ökologisch, als sportliche Erlebnistour oder Entdeckungsreise durch die Jahrtausende – das Biosphärengebiet Schwäbische Alb gilt zurecht als nachhaltigstes Urlaubsziel von ganz Deutschland.
Fazit: Wer mit der Zeit gehen will, wandert auf der Schwäbischen Alb! dwi
Informationen, Wanderkarten und Touren unter:
www.biosphaerengebiet-alb.de
www.besinnungswege-ehinger-alb.de