Oberbürgermeister Ulm - Martin Ansbacher

„Ich bin dankbar, dass ich OB sein darf.“

Der 48-jährige Martin Ansbacher hat am 17. Dezember 2023 die Stichwahl gegen den damaligen Amtsinhaber Gunter Czisch mit 55,1 Prozent gewonnen. Am 29. Februar 2024 wurde Ansbacher als Oberbürgermeister in Ulm vereidigt und ist seit 1. März im Amt. Ansbacher war zuvor Partner in einer Ulmer Anwaltskanzlei. Das TOP Magazin hat sich mit Martin Ansbacher über sein Amt, seine Hauptaufgaben und seine private Seite unterhalten.

TOP Magazin: Herr Ansbacher, wie lange hatten Sie schon den Wunsch, OB zu werden?
Martin Ansbacher: Das hat sich im Laufe der Zeit so ergeben und Kommunalpolitik hat mich schon immer sehr interessiert. Hier ist man direkt im Kontakt mit der Bürgerschaft und kann sein direktes Umfeld mitgestalten. Ich hatte schon häufiger darüber nachgedacht, ob dieses Amt etwas für mich wäre. Mein Vor-Vorgänger Ivo Gönner hat mich da sehr geprägt. Ich bin in der Stadt Ulm stark verwurzelt und gut vernetzt, sodass natürlich auch diese Frage an mich herangetragen wurde – aus der Bevölkerung, aus der Anwaltschaft und natürlich auch aus der Partei. Letztlich habe ich ein halbes Jahr vor der Kandidatur begonnen darüber nachzudenken, mich mit meiner Frau Franziska, meiner Tochter und Freunden beraten und dann bin zu dem Entschluss gekommen, es zu versuchen.

Was reizt Sie besonders an diesem Amt?
Insbesondere die Möglichkeit zu gestalten, aber auch die Gelegenheit, vielen Menschen zu begegnen und für das Gemeinwohl zu arbeiten.

Was ist Ihr Resümee nach acht Monaten Amtszeit?
Zunächst war ich sehr überrascht, dass das Ergebnis im zweiten Wahlgang so eindeutig ausgefallen ist. Ich hatte es viel knapper erwartet, denn Gunter Czisch war acht Jahre im Amt und zuvor lange Jahre an entscheidender Stelle in der Verwaltung tätig. Aber nach dem ersten Wahlgang habe ich schon an meine Chance geglaubt, was sich dann ja auch bewahrheitet hat, auch weil ich offensichtlich die richtigen Themen gesetzt hatte.
Die Umstellung, was den Arbeitsalltag anbelangt, war dann schon groß, aber alle in der Verwaltung haben mich unterstützt und sehr positiv in Empfang genommen, bis heute übrigens. Dafür bin ich sehr dankbar. Der Job ist sehr anstrengend, sehr zeitintensiv mit 14-Stunden Tagen und Wochenendterminen, aber es macht eben auch unglaublich viel Spaß und Freude. Besonders beeindruckt hat mich in den letzten Monaten, dass ich als OB erfahren durfte, wie viele Menschen sich in unserer Stadt in unterschiedlicher Weise für ein soziales Miteinander einsetzen und stark machen. Das macht Ulm aus. Ich bin sehr dankbar und es ist für mich eine große Ehre, dass ich OB sein und den Menschen in meiner Heimatstadt dienen darf.

In der Heimatstadt dieses Amt ausüben zu dürfen, was bedeutet das für Sie?
Es ist eben etwas ganz Besonderes, ich kann in der Stadt, in der ich aufgewachsen bin und lebe, etwas für die Menschen tun und gestalten. Ich kann meine Ideen einbringen, Dinge anstoßen, die mir wichtig sind und dann auch noch in Ulm, der lebenswertesten Stadt Deutschlands! Ich möchte mich für die hiesige Stadtgesellschaft einsetzen, das Ehrenamt und den Zusammenhalt stärken. Das macht mich schon auch ein wenig stolz, zumal das Feedback von den Menschen bislang sehr positiv ist. Besonders schön war das nach der Schwörrede, vor der ich ehrlich gesagt schon großen Respekt hatte. Aber offensichtlich habe ich das Herz der Zuhörerinnen und Zuhörer erreicht und die richtigen Themen benannt, jedenfalls wurde mir das anschließend häufiger berichtet. Den jahrhundertealten Schwur als OB am Schwörmontag leisten zu dürfen, war ein ganz besonderer Moment in meinem Leben, den ich nie vergessen werde.

Was traf Ihre Erwartungen und was nicht?
Wie gesagt, der Umfang und der Zeitaufwand sind schon enorm. Ich hatte schon als Anwalt sehr viel zu tun und war ja auch im Ehrenamt unter anderem als Stadtrat bereits stark gefordert, aber das übertrifft es dann doch noch ein wenig. Ansonsten hatte ich keine speziellen Erwartungen, wenn dann wurden sie deutlich positiv übertroffen. Ich habe mich sehr gefreut, dass die Ulmer und Ulmerinnen mir ihr Vertrauen geschenkt haben und das möchte ich zurückgeben. Und das klappt bislang ganz gut. Ich bin absolut zufrieden mit diesem Amt, es füllt mich aus und macht mir sehr viel Freude.

Lassen Sie uns ein wenig konkreter werden. Der Hauptbahnhof, beziehungsweise dessen Umbau ist eines der aktuell wichtigsten Themen in Ulm. Sie wollen eigentlich einen Neubau, die Bahn hat sich für eine Sanierung entscheiden. Wie arrangieren Sie sich damit?
Zunächst bin ich sehr froh, dass es mit der Umgestaltung überhaupt geklappt hat. Zudem wird es wohl ein sehr schönes Gebäude werden. Dennoch hätten wir uns natürlich einen Neubau gewünscht, denn Ulm ist der „Umschlagplatz“ für 40.000 Menschen täglich. Der Hauptbahnhof ist die Mobilitätsdrehscheibe in unserer Stadt. Mehr Barrierefreiheit und der Durchstich zur Schillerstraße wären das Optimum und wünschenswert gewesen. Wir müssen den Menschen, die nach Ulm kommen, um dort einzukaufen, die Gastronomie zu nutzen oder einfach nur Zeit verbringen wollen, etwas bieten, denn Ulm lebt zu großen Teilen vom Umland und von der Region. Dazu gehören eine gute Erreichbarkeit und eine attraktive Infrastruktur. Wir stehen mit der DB weiterhin in engem Kontakt und gehen davon aus, dass dies noch nicht das letzte Wort war.

Was sind die weiteren großen Themen
auf Ihrer Agenda?
Ein wichtiges Anliegen sind mir Sauberkeit und Sicherheit, die sich nach meiner Auffassung gegenseitig bedingen. Hier sehe ich deutlichen Handlungsbedarf. Wir haben den kommunalen Ordnungsdienst schon ausgebaut, die Straßenreinigung muss forciert werden, es wird Videoüberwachung geben, City-Streifen in Zusammenarbeit mit dem City-Marketing sind unterwegs. Das Sicherheitsgefühl der Menschen muss und wird gestärkt werden. Es gilt also die einfache Formel: mehr Sauberkeit bedeutet auch mehr Sicherheit. Hier stehen wir auch in engem Austausch mit der Polizei.

Als Zweites möchte ich den Wohnungsbau ansprechen, insbesondere geht es um bezahlbaren Wohnraum. In Kooperation mit der UWS werden wir einen erheblichen Beitrag leisten und uns auch im Gemeinderat sehr viel Zeit nehmen für eine ausführliche Debatte über dieses Thema, um neue Impulse für mehr bezahlbares Wohnen zu setzen. Ein großes Projekt, das in diesem Zusammenhang schon angestoßen ist, ist der Umbau des Blautalcenter-Areals zu einem Wohngebiet für mehrere Tausend Menschen. Zudem sind wir natürlich auch an weiteren Baugebieten dran, die dazu beitragen, dass bezahlbarer Wohnraum zur Verfügung steht. Wir setzen auch mehr und mehr auf Nachverdichtung und Geschosswohnungsbau. Serielles Bauen ist auch ein interessanter Ansatz, der die Baukosten reduzieren könnte. Zudem müssen Bauanträge
schneller bearbeitet werden können. Digitalisierung und Bürokratieabbau sind hier die Stichworte.

Weitere Projekte sind die Regio-S-Bahn, der Ausbau und die Unterstützung der Wissenschaftsstadt und des Donautals, die Vorbereitung und Umsetzung der Landesgartenschau 2030. Bis dahin sollten auch die großen Baustellen im Zuge der B10 verschwunden sein. Ich weiß, dass das viele Ulmerinnen und Ulmer beschäftigt und dass eben genau in den kommenden Jahren sich sehr viel verändern wird, was eben auch zu manchmal großen Beeinträchtigungen im Alltag führen kann. Die Erreichbarkeit der Innenstadt hat ebenfalls Priorität, Bahnhofs- und Hirschstraße bekommen ein anderes Gesicht.

Zudem gibt es ja seit kurzem eine Baustellen-App, die den Benutzer darauf hinweist, was gerade wo wie gemacht wird. Bei den ganzen Bauvorhaben kommt es auf eine gute Koordination und Kommunikation an. Bei alledem müssen weiterhin Investitionen in Bildung Priorität haben. Bildung ist einer der wichtigen Schlüssel zur Zukunft unserer Stadt.

Die Themen, mit denen wir uns in den kommenden Wochen, Monaten und Jahren auseinandersetzen werden müssen, sind zahlreich und vielfältig. Wir müssen den Herausforderungen des Klimawandels aktiv begegnen, dumpfem Populismus Einhalt gebieten, die Unterbringung
und die Integration der geflüchteten Menschen gewährleisten, für bezahlbaren Wohnraum sorgen und für mehr Sicherheit und Sauberkeit in unserer Stadt. Wir müssen uns für die Transformation unserer Wirtschaft einsetzen, die Energie- und Mobilitätswende gestalten, gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit unseres Bildungssystems gewährleisten. Und das in einer Zeit globaler Konflikte und bewaffneter Auseinandersetzungen.

All das sind große Herausforderungen, denen ich mich aber mit großem Elan und großer Energie widmen werde.

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Foto: Stadt Ulm