Thomas Kayser - Bürgermeister von Blaustein

TOP: Herr Kayser, was begeistert Sie an Blaustein?
Kayser: Die Landschaft mit den Tälern und den Höhenlagen und natürlich die Offenheit und das Engagement der Menschen. Die Blausteiner haben bereits 1968 bei dem Zusammenschluss der Gemeinden Klingenstein und Ehrenstein Weitsicht und den Mut, Neues zu wagen gezeigt. Das zeigte sich auch 2004, als die unechte Teilortswahl abgeschafft wurde. Diese Reform von 2004, die Stadterhebung im Jahr 2014 und die Gründung der Bürgerstiftung 2018 sind Ausdruck eines gewachsenen Bewusstseins der Zusammengehörigkeit in Blaustein, welches durchaus nicht selbstverständlich ist.Außerdem gibt es in Blaustein über 100 Vereine mit einem sehr lebendigen Vereinsleben, und nicht zu vergessen, das Bad Blau mit seinen 130.000 Besuchern pro Jahr.

TOP: Die Einwohnerzahl Blausteins ist in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen. Worauf führen Sie diesen Erfolg zurück?
Kayser: In den letzten zehn Jahren ist die Einwohnerzahl um insgesamt 11 % auf mittlerweile über 16.500 Personen gewachsen. In Blaustein gab es früher sieben Steinbrüche, seit einigen Jahren sind es nur noch zwei. Die stillgelegten Steinbrüche haben Freiraum für neue Gewerbeansiedlungen geschaffen, die sich auf die Stadtentwicklung sehr positiv ausgewirkt haben. 2020 werden wir einen Bebauungsplan auf dem ehemaligen Kalkwerksgelände an der B28 (Blautalstraße Herrlingen) aufstellen. Auch der Zuwachs an Arbeitsplätzen in der ganzen Region und insbesondere in der Wissenschaftsstadt Ulm, die unmittelbar an Blaustein angrenzt, hat zu intensiver Wohnbautätigkeit bei uns und einem Zuwachs in der Blausteiner Bevölkerung geführt. 

TOP: Es gibt klare Anzeichen einer konjunkturellen Eintrübung, insbesondere durch die Unsicherheit im Zusammenhang mit COVID-19. Wie stabil ist die Wirtschaft in Blaustein?
Kayser: Coronabedingt werden die Gewerbesteuereinnahmen und mittelfristig der Anteil an der Einkommensteuer voraussichtlich rückläufig sein. In den vergangenen Jahren hat Blaustein Schulden abgebaut, was uns jetzt in der Krise Spielraum gibt für neue Kreditaufnahmen. Wir werden die Verwirklichung einiger Vorhaben aus finanziellen Gründen auf der Zeitachse verschieben müssen. Die Unternehmen in Blaustein haben zum Glück eine vielfältige Branchenstruktur, bei der ich eine sehr gute Chance sehe, dass die Arbeitsplätze auch mittel- und langfristig erhalten bleiben. Aber es gibt leider auch zwei mittelständische Firmen, die ihren Umsatz nahezu vollständig verloren haben, und bei denen ich hoffe, dass sie die Krise überstehen. Ohne aktive Selbständige und erfolgreiche Unternehmen und ihre Unterstützung der Vereinsarbeit ist eine lebendige Stadt nicht gestaltbar. Blaustein will weiterhin Gäste anlocken. Die Theaterei in Herrlingen, der ausgezeichnete Wanderweg „Lauterfelsensteig“ im Naturschutzgebiet Lautertal, die am Donauradwanderweg liegenden UNESCO Welterbestätten, das Steinzeitdorf Ehrenstein und die Eiszeitkunsthöhlen in unmittelbarer Nachbarschaft, die Jugendstil Villa Lindenhof mit geschichtlichem Museum und das Bad Blau sind kulturelle und touristische Anziehungspunkte. Für die Gastronomie und Hotels erhoffe ich einen positiven Effekt aufgrund des Trends zum Urlaub in Deutschland. 

TOP: Welche größeren Projekte in der Stadtentwicklung werden innerhalb der kommenden 3-5 Jahre realisiert? 
Kayser: Die Sanierung und Erweiterung des Schulverbunds einschließlich der Realschule mit einem Investitionsvolumen von 8,5 Mio. Euro wird Ende 2020 abgeschlossen. Hierbei entstehen neue moderne Unterrichtsräume und eine schöne Mensa. Als nächstes großes Projekt steht die Neugestaltung der Stadtmitte einschließlich Marktplatz und Kirchplatz an. Bei diesem „Blauhöfe“ genannten Projekt werden drei architektonisch attraktive Gebäude mit Einzelhandelsflächen, Gastronomie mit Außenbewirtung, und Wohnungen entstehen. Damit wird die Innenstadt deutlich attraktiver, und die Aufenthaltsqualität auf öffentlichen Plätzen steigt. Mittelfristig steht dann auch die Rathaussanierung an, sowohl optisch als auch energetisch. Denn diesem Gebäude, welches aus dem Jahr 1974 stammt, sieht man den Renovierungsrückstau mittlerweile deutlich an. Da das Stadtzentrum offiziell als Sanierungsgebiet ausgewiesen ist, sehe ich eine Chance, dass auch das Rathausgebäude innerhalb des Sanierungszeitraums von acht bis zehn Jahren saniert werden kann.

TOP: Wie entwickelt sich die private Nachfrage nach Bauplätzen in Blaustein? Werden in naher Zukunft weitere Baugebiete ausgewiesen und was kostet ein Quadratmeter Bauland in Blaustein?
Kayser: Wir verzeichnen nach wie vor eine sehr starke Nachfrage. Derzeit entwickeln wir unter anderem 24 Bauplätze im Ortsteil Wippingen und wollen städtische Grundstücke zur weiteren Innenentwicklung nutzen. In unseren Ortsteilen beträgt derzeit der Quadratmeterpreis um die 200 Euro. Der Preis für die Grundstücke in dem kommenden grösseren Baugebiet zwischen Ehrenstein und der Tangente an der Wissenschaftsstadt steht noch nicht fest, er wird aber voraussichtlich über 300 Euro pro Quadratmeter liegen.

TOP: Sie bieten im Rathaus eine Sprechstunde für die Bürger an. Mit welchen Anliegen kommen die Menschen zu Ihnen? 
Kayser: Diese Sprechstunde findet einmal pro Monat statt und bietet den Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit, ungezwungen mit mir ins Gespräch zu kommen. Meist geht es um ganz alltägliche Dinge wie Kinderbetreuung, das Aufstellen einer zusätzlichen Parkbank, Strafzettel für Verkehrsverstöße, oder auch Probleme bei der Familienzusammenführung von ausländischen Mitbürgern.

TOP: Die Theaterei Herrlingen hat über die Grenzen Blausteins hinweg einen guten Ruf, dem auch viele Ulmer folgen. Wie oft sind Sie Gast bei Frau Ehrhardt und welchen Stellenwert hat für Sie die Kultur?
Kayser: Die Theaterei Herrlingen ist ein qualitativ sehr gutes Theater. Ich bin ein begeisterter Zuschauer und immer wieder sehr gerne dort. Wolfgang Schukraft hat das Theater jahrzehntelang mit großem Engagement geleitet und Edith Ehrhardt ist ebenfalls ein Profi auf dem Gebiet und eine exzellente Nachfolgerin. Kultur und Sport bedeuten Lebensqualität und stärken die Heimatverbundenheit.

TOP: Womit verbringen Sie am liebsten Ihre Freizeit?
Kayser: Bewegung an der frischen Luft, zum Beispiel Wandern, Tennis und Radfahren, gehören zu meinen Lieblingsbeschäftigungen in der Freizeit. Auch Gartenarbeit macht mir Freude. Außerdem spiele ich in der Bürgermeister-Fußballmannschaft des Alb-Donau-Kreises, die sich circa 5 mal pro Jahr zu Spielen oder Turnieren trifft.

TOP: Bürgerschaftliches Engagement trägt eine Gesellschaft. In welchen Ehrenämtern sind Sie tätig?
Kayser: Ich bin unter anderem im Vorstand der Bürgerstiftung Blaustein und im Vorstand des Fördervereins Steinzeitdorf Ehrenstein tätig. Einige ehrenamtliche Tätigkeiten sind eng mit dem Amt als Bürgermeister verbunden, wie zum Beispiel der Sitz im Kreistag. Es ist zwar nicht zwingend erforderlich, aber dennoch sinnvoll, dass man als Bürgermeister in diesem Gremium mitarbeitet, um sich mit Freude auf dieser politischen Ebene für die weitere gute Entwicklung unserer Region einsetzen zu können.

TOP: Welche Ziele liegen Ihnen als Stadtoberhaupt am Herzen?
Kayser: Insgesamt Wohnraum zu schaffen, insbesondere bezahlbaren Wohnraum auch für einkommensschwächere Bevölkerungsschichten. Die Stadt sollte hierfür Grundstücke zur Verfügung stellen und zusammen mit Wohnungsbaugesellschaften und privaten Partnern dringend benötigten Wohnraum realisieren. Aus dem großen Bedarf an Wohnraum darf kein Notstand entstehen.

TOP: Wo ist Ihr Lieblingsplatz in Blaustein?
Kayser: Lieblingsplätze habe ich mehrere: der Löwenfelsen direkt oberhalb des Stadtzentrums, die Villa Lindenhof, die Wanderwege im Naturschutzgebiet Lautertal und der Wochenmarkt.

TOP: Herzlichen Dank für das interessante Gespräch und viel Erfolg für die Verwirklichung der anstehenden Projekte. 

 

Fotos:
Bürgermeiser Thomas Kayser mit der stellvertretenden Bürgermeisterin Sylvia von Darl-Späth
Bürgermeister Kayser auf dem Löwenfelsen, einem seiner Lieblingsplätze in Blaustein
Stadt Blaustein (1), Hermann Genth (1)